Der schönste Tag meines Lebens

Der schönste Tag im Leben einer Frau sei ihr Hochzeitstag, sagt man, und diesen Tag habe ich schon lange hinter mir. Doch am 22.01.2008 erlebte ich einen schönsten Tag der ganz besonderen Art. Angefangen hatte alles mit einem Artikel in der „OWL am Sonntag“, einer der kostenlosen Zeitungen, die regelmäßig im Briefkasten sind. Dort konnte man hinschreiben, wie man sich den schönsten Tag seines Lebens vorstellt und mit etwas Glück kriegte man diesen schönsten Tag dann von der Zeitung realisiert. Nun, zuerst dachte ich: Ach, da wirst du sowieso kein Glück haben. Dann sagte ich mir, ich probier es einfach, wenn’s nichts wird, dann eben nicht und schickte die folgende Mail an die Redaktion:

Sehr geehrte Damen und Herren,

mit Interesse habe ich gelesen, dass Sie 5 Leser(innen) die Möglichkeit bieten, ihren schönsten Tag zu erleben. Auch ich möchte mich daran beteiligen. Meinen schönsten Tag stelle ich mir wie folgt vor:

Ich bin eingefleischter Bundeswehrfan, habe früher 3 Jahre lang zivil in der Herzog-von-Braunschweig-Kaserne in Minden gearbeitet. Einmal möchte ich einen Tag dort als Soldat erleben mit allem, was dazu gehört. Am allerliebsten bei der Tauchergruppe des 1.schweren Pionierbattaillons einmal mit "abtauchen".
Aber auch alles andere, egal ob LKW fahren, Hubschrauber fliegen, Fallschirm springen, was immer die BW zu bieten hat ist mir willkommen.

Würde mich riesig freuen, wenn Sie mir diesen schönsten Tag ermöglichen!

Mit freundlichem Gruß

Esther Wäcken

Nun, die Mail war geschrieben, ich hatte die Angelegenheit fast schon abgehakt, weil ich – bei meinem Glück – eben NICHT damit rechnete, dass es mich trifft, als kurz vor Weihnachten der Anruf einer Frau Lang kam. Kurz und gut, ICH sollte diesen Tag bekommen. Ob die arme Frau wohl einen Hörsturz gekriegt hat bei meinem Freudenschrei? Ich hoffe mal nicht. Für mich war es jedenfalls das schönste Weihnachtsgeschenk, was mir jemand machen konnte, auch wenn ich es erst im neuen Jahr kriegen würde und die Weihnachtsmänner statt roter Kutte und Rauschebart Flecktarnzeug tragen würden.

Weitere Telefonate folgten, schließlich muss ja auch mit den zuständigen Leuten in der Kaserne erst abgesprochen werden, was da wann und wie überhaupt möglich ist. Dann stand der Termin schon mal fest. Am 22.01.2008 sollte ich mich um 8:00 Uhr an der Wache einfinden, würde dort, zusammen mit dem Herrn von der Zeitung, von Major Freese und Presseoffz Oberleutnant Biermann in Empfang genommen werden. Auch das Programm stand schon so weit fest. Ich strich wirklich die Tage im Kalender ab, bis es endlich so weit war. Mein Mann, den ich nebenbei bemerkt seinerzeit bei der Bundeswehr kennen und lieben gelernt hatte, belächelte mich nur, vor allem, weil ich natürlich mein eigenes BW-Zeug anziehen wollte. Hab ich ja alles da. Die olivfarbenen T-Shirts noch von meinem Mann. Feldbluse und Hose von meinem Schwager, wo ich sie zufällig mal an der Garderobe hängen sah und sofort gesagt hab: Das ist meins! Besagter Schwager war nie beim Bund, hat sich das Zeug auch bloß gekauft. Nee, da passt das doch zu mir viel besser. Warmer Pullover und Nässeschutz war ebenfalls noch von meinem Mann vorhanden. Sogar sein altes Namensschild zum an die Feldbluse heften hat er schließlich noch im Keller ausgegraben. Steht zwar A. Wäcken drauf, müsste eigentlich dann E. Wäcken heißen, aber das spielt keine Rolle. Passende Stiefel hab ich auch, Rangerstiefel, seinerzeit ein Sonderangebot von Bundeswehr- und Freizeitshop, hab ich mir vor ein paar Jahren von meinen Eltern zu Weihnachten spendieren lassen. Sehen nicht ganz so aus, wie die richtigen BW-Stiefel, sind aber bestimmt nicht schlechter. Was brauche ich noch? Schwimmzeug soll ich mitbringen, weil es mit den Tauchern ins Melittabad gehen soll.

Dann ist es so weit, DER große Tag. Vorher regnete es die ganzen Tage lang in Strömen und, wie könnte es anders sein, der Scheibenwischer von unserem Auto gibt auch den Geist auf. Irgendjemand, der mich chauffieren könnte, damit ich ohne funktionierenden Scheibenwischer kein Risiko eingehe, findet sich ausgerechnet jetzt natürlich auch nicht! Aber manche Gebete werden anscheinend tatsächlich erhört. Meins um gutes Wetter mal auf jeden Fall. Dank an dieser Stelle für den Verantwortlichen! Ich muss also keinen Blindflug nach Minden machen und brauche auch den Nässeschutz letztlich eher als Windschutz. Morgens um 6:00 aufstehen, nachdem es mir am Vorabend nur schwer gelungen war, einzuschlafen und ich auch zwischendurch immer wieder aufgewacht bin. Jetzt kann ich tatsächlich nachempfinden, wie sich meine Kinder in der Vorweihnachtszeit gefühlt haben, bis dann ENDLICH Bescherung war. So geht’s mir jetzt. Mein Jüngster steht mit mir zusammen auf, den nehme ich auf einem Weg gleich mit in die Kita. Uwe findet es schon mal toll, Mama als Soldatenfrau!
Kind abliefern, Zwischenstopp an der Tanke, weil ich sonst ganz sicher auf der Strecke bleibe und dann auf ins Abenteuer!

Zwanzig Minuten zu früh stehe ich am Schlagbaum und verklickere dem Soldaten dort, dass ich heute von der Zeitung aus ein Gastspiel als Soldat habe. Auto an der Wache parken, dort ebenfalls noch mal Ausweis zeigen, erklären, wer ich bin, warum ich hier bin und dass ich von Major Freese erwartet werde, bzw. er mich dort abholen will. Telefonate von den Wachsoldaten, die Anweisung, mein Auto auf dem Parkplatz vorm Kasernentor abzustellen, zu Fuß wieder rein mit meinem ganzen Gerödel (ist ja nur Schwimmzeug und das, was Frau so üblicher Weise in ihrer Handtasche hat). Erlebe den Fahnenappell mit (oder heißt das Flaggenappell?), darf schließlich netterweise sogar ins Wachgebäude rein, damit ich draußen nicht friere. Lerne dann endlich Major Freese kennen und gemeinsam warten wir auf das Eintreffen des Reporters von der OWL, der diesen Tag ganz genau in Wort und Bild festhalten wird. Schließlich sind wir vollzählig, begeben uns zum Gebäude der 1. Kompanie, wobei unterwegs noch der Presseoffz, Oberleutnant Biermann, zu uns stößt. Im Aufenthaltsraum erst mal Einleitungsgespräche bei einer Tasse Kaffee und, wow, sogar der Kommandeur, Oberstleutnant Stern, kommt persönlich um mich zu begrüßen. Erste Fotos werden geschossen, der Kommandeur und ich, mit zackigem, militärischem Gruß.

Falls sich noch jemand wundern sollte, wie ich ausgerechnet auf die Tauchergruppe komme, wo ich doch nie in meinem Leben getaucht bin, selbst im Schwimmbad nicht freiwillig UNTER Wasser gehe, liegt daran, dass ich das Vergnügen habe, zwei der Pioniertaucher persönlich zu kennen. Und das hat mich nun mal neugierig gemacht, WAS die da den ganzen Tag so machen. Ist halt ganz was anderes, es mal selbst zu erleben, statt nur sporadisch was erzählt zu bekommen oder ein Foto mit dem Kommentar „Das bin ich kurz vorm Abtauchen“ zu sehen. Leider hat keiner von den besagten Herren an diesem Tag Zeit für mich. Einer ist KzH (krank zu Hause), der Andere hat wohl genug damit zu tun, seine Ausscheiderparty zu organisieren. Immerhin laufen wir uns kurz über den Weg, um wenigstens Hallo zu sagen. Aber macht ja nichts, die beiden haben ja genug nette Kameraden. Und davon lerne ich jetzt einige kennen.

Ins Melittabad können wir leider doch nicht. Zu viele Schulklassen sind an diesem Tag dort, da können wir nicht auch noch zwischen rumwuseln. Aber trotzdem geht’s jetzt zum Gebäude der Tauchergruppe. Erste Einblicke in die Arbeit der Minentaucher vom Kampfmittelräumdienst. Hauptfeldwebel Karpowicz (er möge mir verzeihen, wenn ich seinen Namen jetzt falsch schreibe, aber ICH hatte leider nicht den Stift und das Notizbuch zur Hand, muss mich ganz auf mein Alzheimer-Gedächtnis verlassen) erklärt mir zunächst die Arbeit mit der Minensuchnadel. Ich bekomme den Splitterschutzanzug angelegt. Schwer und gewöhnungsbedürftig, vor allem, dass man ohne Hilfe weder in das Teil rein noch raus kommt. Darf draußen auf einem extra abgesteckten Rasenstück selbst versuchen, wie das abläuft, mit dieser Minensuchnadel potentielle Minen aufzuspüren. Zentimeterarbeit; muss das im Ernstfall, wenn auch noch das Leben davon abhängt, langsam gehen! Im Anschluss – wieder aus dem Anzug rausgeschält und gleich 10 cm größer – der Versuch mit dem klassischen „Schatzsuchergerät“. So lange laaaangsam und vorsichtig über den Boden führen, bis der richtige Piepton erklingt. Ich finde den eigens für mich versteckten Metallhaken tatsächlich!
Dann bekomme ich die unterschiedlichen Taucheranzüge erklärt und auch angelegt. Wieder eine Angelegenheit, die ohne Hilfe einfach nicht möglich ist. Sogar richtig, Helm auf, Sauerstoff angedreht. Wundere mich, dass ich in dem Helm ganz normal atmen und sprechen kann. Kenne das sonst nur, dass der Taucher durch ein Mundstück atmet und eben nicht sprechen kann. Na ja, Filmwissen. Auch der Ausdruck „Mit Bleifuß fahren“ bekommt eine neue Bedeutung, wenn man diese Bleischuhe wirklich mal anhatte und versucht, damit zu laufen. Und solche Details, wie dass man die Hände mit Seifenlauge anfeuchten muss, um überhaupt durch die Ärmelmanschetten des Taucheranzugs zu kommen, welcher Laie weiß so was schon?
Nebenbei erzählt der Hauptfeld interessante Geschichten über seine Arbeit. So war er z. B. bei der Bergung des Panzers dabei, der seinerzeit in der Elbe verunglückt ist, war schon in Afghanistan und dort in ein Minenfeld geraten!
Das schwere Gerät, mit dem unter Wasser gearbeitet wird – Kettensäge, Bohrer, Presslufthammer – wird mir als nächstes gezeigt. Hat alles ein nicht zu verachtendes Gewicht. Damit tatsächlich arbeiten müssen, dazu noch Wasserdruck, Strömung, alle Achtung! Nach diesem Tag – das muss ich unumwunden zugeben – ist die Achtung vor meinen Taucherkumpels und ihrer Arbeit erheblich gestiegen. Die leisten wirklich was!

Die Druckkammer für die Tauchernotfälle wird mir ebenfalls gezeigt. Ganz schön eng! Und darin muss ein Taucher + Taucherarztgehilfe ggf. 2 Tage aushalten! Ich darf die Druckkammer – allerdings ohne Insassen drin – selbst hochfahren und den Druck wieder runter fahren. Eine Sache des Fingerspitzengefühls, das richtig zu regulieren. Amüsiere mich ein Wenig über das Schild an der Druckkammer, welches das Rauchen untersagt. Wer raucht schon in einer Druckkammer? Erfahre den Hintergrund, dass die Kleidung desjenigen, der die Druckkammer bedient, so sehr mit Sauerstoff durchtränkt ist, dass man bei dem Versuch, sich eine Zigarette anzuzünden, selbst in Flammen aufgehen würde. Gut, dass ich sowieso Nichtraucher bin. Wäre vielleicht ne neue Werbung für die Anti-Raucher-Kampagne „Rauchen kann tödlich sein.“ In diesem Fall wohl nur zu wahr!

Selbstverständlich bekomme ich auch die LKWs zu sehen, auf denen die Taucher ihre ganze Ausrüstung verladen. Auch nichts für unsportliche Leute, da rauf und wieder runter zu kommen. Aber Soldat und unsportlich, das passt sowieso nicht zusammen. Muss man schon aufpassen, wo man hin tritt und sich festhalten kann. Einen ersten Blick auf den Transportpanzer „Fuchs“, mit dem es später zum Wasserplatz raus gehen soll, kann ich ebenfalls schon werfen. Ich will es mir nicht nehmen lassen, in meiner guten, alten Zahnarztgruppe mal reinzuschauen. Mein Wirkungsgebiet für 3 wundervolle Jahre, 1996 – 1999! In das Gebäude müssen wir sowieso, also kein Problem. Die Zahnarzthelferin, welche damals quasi meine Nachfolgerin wurde, ist die einzige, die ich dort noch kenne. Auch sie erkennt mich schließlich wieder, trotz der ungewohnten Bekleidung. Dort hat sich einiges verändert. Ein zusätzliches Behandlungszimmer, früher hatten wir nur eins. Die Räumlichkeiten insgesamt umstrukturiert. Ein Orthopantomograph für Röntgenübersichtsaufnahmen ist vorhanden. Früher mussten wir die Soldaten für solche Aufnahmen immer zivil überweisen oder sogar ins BWK schicken. Allerdings wird zurzeit in der Zahnarztgruppe nicht gearbeitet wegen Reparatur- und Renovierungsarbeiten. Und leider, leider, so nett, wie dort auch alle sind, den neuen Stabsarzt eingeschlossen, einen zivilen Job hat dort trotzdem keiner für mich zu vergeben. Wie oft hab ich das schon versucht und was würd ich drum geben, DIESEN Arbeitgeber zurück zu bekommen. Aber sieht düster aus!

Neben der Zahnarztgruppe, dort wo meines Wissens früher schon Schulungsräume waren, beginnt das virtuelle Reich von Guido Mittag (Schande, den Dienstgrad hab ich schon wieder vergessen! Oberfeld???). Dort werden zukünftige Amphibienfahrer am Simulator ausgebildet. Das System nennt sich KoCUA (gibt’s leider keine Version für den privaten PC zu Hause) und auch ich darf simuliert Amphibie fahren. Wieder eine Frage des Fingerspitzengefühls. Ich glaube, einen Crash konnte ich nicht verhindern, obwohl es insgesamt gut lief und sogar mir als nicht mit dem Joystick vertrautem Nicht-Computerspielexperten gefällt. Könnte mir vorstellen, dass das den Jungs ne Menge Spaß macht, damit zu „spielen“ – äh nein, selbstverständlich zu lernen. Und ne Menge echter Schaden am Gerät wird dadurch vermieden.

Nach diesem Ausflug in die Welt der virtuellen Ausbildung geht es zum Mittagessen ins Mannschaftsheim. Auch dies für mich früher Alltag, hab immer dort gefrühstückt und Mittag gegessen. Selbst dort hat sich einiges verändert. Wer zum Essen kommt muss entweder seinen Chip über einen Scanner ziehen oder später an der Kasse bar zahlen. Ich muss nichts davon tun, bin eingeladen. Immerhin, Tablett und Besteck selbst nehmen und in der Schlage warten, bis man dran ist, das ist geblieben. Und, sage und schreibe, drei von den Küchenfrauen, die dort hinter der Essensausgabe stehen, kenne ich ebenfalls noch von früher. Nach kurzer Gedächtnisauffrischung erinnern auch die Damen sich wieder an mich, die Frau vom HG Wäcken, der schließlich früher ebenfalls in der Truppenküche war. Die fast zu erwartende Frage: „Und, hab ihr schon das 2. Kind?“
„Klar, der Kleine kommt dieses Jahr auch schon zur Schule!“
Zum Essen entscheide ich mich als Vorspeise für Kartoffelpuffer mit Apfelmus, Hauptgericht Schaschlikspieß mit Soße, Reis und Erbsen-Möhren-Gemüse, Nachtisch Quarkspeise, Getränk Apfelsaft. Schmeckt sogar alles!
Noch ne kleine, unbedeutende Änderung zu früher; zu meiner Zeit standen die Tische quer im Raum, jetzt längs.
Denke natürlich an früher, wie ich meinen Mann gleichermaßen hinter der Essensausgabe und in der Zahnarztgruppe kennen gelernt habe. Das Weihnachtsessen, bei dem auch wir Zivilangestellten mit dabei sein durften und ich meinen Mann (na ja, damals noch nicht) im kleinen Dienstanzug fast nicht erkannt hätte.

Nach dem Mittagessen geht’s auf direktem Weg zum Transportpanzer „Fuchs“, der von HG Kommer gefahren wird, der uns auch erst mal alles im und ums Fahrzeug erklärt und, so weit ich das mitbekommen hab, selbst erst lernt, das Gerät zu fahren. Eng da drin, wie es scheint in den meisten Fahrzeugen. Nichts für Leute mit Klaustrophobie! Ich bekomme das Headset für den Bordfunk aufgesetzt. Los geht die Fahrt! Minden aus einer ganz anderen Perspektive, nur durch die kleinen, seitlichen Fensterchen. Dafür ist man in dem Teil für den Fall der Fälle sicher vor Angriffen, sogar ABC-sicher. Am Wasserplatz steigen wir in einen LKW um, der auf die Amphibienbrücken fährt. Die Weser hat Hochwasser. Dort wo normal das Ufer ist, ragen die Bäume aus dem Wasser. Starke Strömung, aber das macht den Amphibien nichts aus. Wir steigen aus dem LKW, von welchem weitere Brückenteile per Kran abgeladen und an der aus drei Amphibien bestehenden Brücke von den Rüstmännern montiert werden. Eine ganze Zeit halten wir uns auf den Amphibien auf, schauen dem Auf- und Abbau von Brückenteilen zu, lassen uns mit der Brücke im Wasser herumwirbeln, hin und her von einem Ufer ans andere fahren. Schließlich dürfen wir auf eins der Rettungsboote umsteigen, die die Amphibien begleiten, um etwaige über Bord fallende Leute aufzufischen. Ach ja, hätte ich fast vergessen, weil es so selbstverständlich scheint, Schwimmweste ist Pflicht! Das Rettungsboot darf ich sogar selbst lenken. Wieder ist Fingerspitzengefühl gefragt, dass das Boot nicht zu sehr abdriftet. Immerhin, der offizielle Bootslenker hat mir bestätig, dass er eine Woche brauchte, ehe er es drauf hatte. Dafür hab ich mich, denke ich, ganz geschickt angestellt. Schade, auf die Schlauchboote, die ebenfalls durchs Wasser flitzen, dürfen wir nicht.

Denke beim Anblick der Schlauchboote wieder an früher. Der Betriebsauflug der STOV-Muckel. Mit Fahrrädern sind wir nach Vlotho gefahren, dort erwartete uns ein LWK mit 2 Schlauchbooten drauf. Ein paar von den STOV-Angestellten waren wohl autorisiert, mit diesen Booten zu fahren. Der LKW hat unsere Fahrräder mit zurück genommen und wir sind mit Schlauchbooten über die Weser zum Wasserplatz gefahren, um dort als Abschluss zu grillen. Die Bootslenker haben sich einen Mordsspaß daraus gemacht, so zu fahren, dass wir uns mit den Booten gegenseitig gründlich nass gespritzt haben. Hat nicht allen beteiligten Damen so gefallen! Auch ich krieg heute einige Spritzer Weserwasser ab, aber das gehört dazu! Dafür ist es in Auspuffnähe schööön warm!

Wieder zurück vom Rettungsboot auf den Amphibien, dort noch eine Weile mitfahren. Dann fährt der Transportpanzer auf die Brücke, lädt uns wieder ein für den Rückweg zur Kaserne. Zwei weitere Zivilisten sind dort am Wasserplatz, Praktikanten von der Schule aus. So ein Praktikum hätte ich mir auch gewünscht!
Abschied vom Wasserplatz und Rückfahrt zur Kaserne. Noch ist der Tag nicht zu Ende. Wir gehen wieder in den Aufenthaltsraum des Kompaniegebäudes. Noch mal kommt der Kommandeur dazu. Abschiedskaffeetrinken und letzte Gespräche. Zur Erinnerung an diesen Tag bekomme ich vom Kommandeur sogar eine Urkunde überreicht.
Von meiner Packung Merci, die ich als kleines Dankeschön dabei hab für den Kaffee in der Natopause, dürfte wohl kaum die ganze Kompanie was abkriegen. Aber dafür reicht die größte Großpackung nicht aus!
Der offizielle Dienstschluss wird verkündet. Für mich wird es Zeit, zu gehen. Time to say good bye! Ja, es war ein Tag, der sich zu 100% gelohnt hat und ich bin allen mehr als dankbar, die diesen Tag für mich ermöglicht haben. Und wieder ist da der Gedanke: „Wenn ich das alles vor 20 Jahren schon so gewusst hätte, dann …“ Jetzt ist dieser Zug für mich schon lange abgefahren. Allein bis ich die Ausbildung hinter mir hätte könnte ich schon fast wieder in Rente gehen.
So bleibt mir, einmal mehr, nur eine wehmütig-schöne Erinnerung, die Aussicht auf den nächsten „Tag der offenen Tür“ und vielleicht auch mal wieder ein privates Treffen mit meinen „Schatztauchern“.

Ich fahre zurück, hole unterwegs das bestellte Ersatzteil für den Scheibenwischer beim Hyundai-Händler ab, erste Wehmut überkommt mich. Wenigstens hab ich diese Woche noch Urlaub, Zeit genug, um nachzuträumen. Und ich werde, nachdem der Artikel erschienen ist, eine CD mit ganz vielen Erinnerungsfotos bekommen.